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Feuervögel - Roman
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Feuervögel - Roman
von: Andreas Brandhorst
Heyne, 2008
ISBN: 9783894809768
575 Seiten, Download: 658 KB
 
Format: EPUB, PDF
geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: A (einfacher Zugriff)

 

 
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Leseprobe

Aus den historischen Aufsätzen des Höchstehrenwerten Horatio Horas Tallbard, Chronologe der Freien Welten und Bewahrer des Wissens der Tal-Telassi: »Beginn des Bösen« (Düstere Gedanken über den Anfang vom Ende)

Der Untergang der Menschheit und vieler anderer galaktischer Völker begann vor über tausend Jahren, als die ersten Feuervögel erschienen. Aus der Sonne kamen sie, wie Boten des Lichts, doch sie brachten Dunkelheit über den wachen Geist zahlreicher denkender Wesen.
Heute wissen wir nicht mehr, wo genau der Siegeszug der Graken seinen Anfang nahm. Manche zeigen auf den angeblichen Ursprungsplaneten der Menschheit, die Erde, und meinen, dass dort alles begann; doch die Ruinen auf Terra allein sind kein Beweis - davon gibt es inzwischen mehr als genug. Andere nennen gar den Namen Munghar, Mutterplanet der legendären Kantaki, aber niemand weiß, ob jene Welt und das Volk, das sie angeblich hervorgebracht hat, wirklich existiert haben. Selbst für die Tal-Telassi sind die Großen K nur eine Legende, und sie wissen mehr als alle anderen. Einige Astrohistoriker der Lhora vermuten als Ursache eine Supernova, zu der es vor fünfhunderttausend Jahren auf der anderen Seite der Milchstraße kam, und ihre Berechnungen, insbesondere die energetischen Strukturvergleiche, haben durchaus etwas für sich. Die Kosmosevolutionisten der Bhardai glauben sogar, dass die Graken das zwangsläufige Ergebnis einer stellaren Evolution sind, die unter bestimmten Bedingungen stattfindet, und eine Supernova, so betonen sie, könnte eine Art Initialzündung sein. Wenn das stimmt, ist das unabhängig denkende, fühlende, träumende Leben nur eine relativ kurze Übergangsphase in der allgemeinen physisch-psychischen Evolution des Universums.
Daran will ich nicht glauben. Ich möchte mir einen Rest Hoffnung bewahren.
Außerdem gibt es durchaus berechtigte Zweifel an dieser Theorie. Sonnen sind schon in einem frühen Stadium der Entwicklung des Kosmos entstanden, und es fehlen Hinweise darauf, dass es in der Frühzeit des Universums den Graken vergleichbare Phänomene gab. Ich sehe darin Beweis genug dafür, dass die Graken nichts mit der stellaren Evolution zu tun haben.
Aber lassen wir das einmal beiseite, was kaum mehr sein kann als Spekulation. Tatsache ist, dass die Feuervögel vor über tausend Jahren in den Koronen unserer Sonnen erschienen, unselige Manifestationen, die aussahen wie Geschöpfe mit Schwingen aus Plasma. Damals staunten die solaren Forscher darüber, maßen und analysierten und versuchten zu verstehen. Sie zählten zu den ersten Opfern der Graken, die kurze Zeit später mit den Molochen aus den Sonnen kamen, begleitet von ihren Vitäen: erbarmungslosen Kronn-Kriegern, neugierigen Chtai-Sondierern und zuverlässigen Geeta-Kustoden. Bei den ersten Welten stießen sie kaum auf Gegenwehr und fingen die Bewohner in ihrem grässlichen Netz, das ihnen die geistige Substanz raubte, sie nach und nach mental ausbluten ließ. Millionen starben in fremden Träumen, und ihre Seelen gaben den Graken Kraft, für sich selbst und die Brut. Andere Welten versuchten, die Graken abzuwehren, aber die Kronn schlugen jeden bewaffneten Widerstand nieder. Selbst aus tausenden von Raumschiffen bestehende Verteidigungsflotten konnten nichts gegen den Gegner ausrichten. Er kam aus den Sonnen. Er schickte, nach der planetaren Reife, seine Brut. Und die Menschen, Unberührte und überlebende Berührte, flohen vor dem Feind, der ihnen die Träume stahl und sie mit fremden Träumen auszehrte, bis zum Tod.
So begann es vor über tausend Jahren. Und so ging es weiter, bis heute. Eine Welt nach der anderen mussten die Menschen und ihre Verbündeten aufgeben. Immer wieder blieb ihnen nichts als die Flucht - wenn sie überhaupt noch fliehen konnten. Neue Waffen wurden entwickelt, neue Wege der Verteidigung beschritten, aber bisher konnten keine entscheidenden Erfolge erzielt werden. Ein Rückzugsgefecht nach dem anderen findet statt, und irgendwann gibt es vielleicht nichts mehr, wohin wir uns zurückziehen können.
Düstere Gedanken, fürwahr. Düstere Gedanken in einer düsteren Welt. Wie heißt es auf Millennia bei den Tal-Telassi? »Sieh das Licht der Sonne. Wenn es zu hell wird, kommt vielleicht die Dunkelheit.«
Den Feuervögeln sagt man ätherische Schönheit nach. Vielleicht gibt es tatsächlich so etwas wie eine - sehr boshafte, an Zynismus grenzende - Ironie des Schicksals.

ALTE GESTADE

(10. Februar 1114-15. März 1114 Ära des Feuers)

Vor der Hölle

10. Februar 1114

Das gleichmäßige Summen des getarnten Raumschiffs versprach eine Sicherheit, die nicht existierte. Draußen lag der Feind auf der Lauer.
Tako Karides traf die letzten Vorbereitungen, und dazu gehörte ein Blick in die Vergangenheit. Direkt vor ihm in seinem kleinen Quartier an Bord der Talamo schwebte ein quasireales Bild, präsentierte dem Auge drei Dimensionen und dem Tastsinn Quasimaterie. Tako berührte die Wangen seines Sohns Manuel, der als Sechsjähriger auf Meraklon gestorben war, zusammen mit seiner Mutter Dalanna, zwei von vielen Opfern der Graken. Er fühlte weiche Haut, die Nässe einer Freudenträne, sah den Glanz in den großen braunen Augen des Jungen, das Lächeln auf seinen Lippen. Aus welcher Zeit stammte diese Aufnahme? Der Umstand, dass ihm die Antwort nicht sofort einfiel - und dass er die Wange des Jungen berühren konnte, ohne dass dieser Kontakt und der Anblick des Knaben etwas in ihm berührten -, deutete darauf hin, dass er zumindest in emotionaler Hinsicht für den Einsatz bereit war. Die schwere Last des Verlustes und der Hass auf die Graken existierten nach wie vor, aber nur noch als fernes Flüstern in den tiefen Gewölben seines Geistes. Die Gedanken blieben jetzt von diesen Empfindungen unbeeinflusst, und wenn sie sich dem Epizentrum näherten, würden die Graken nicht so leicht eine emotionale Schwachstelle in ihm finden, die ihnen Zugang zu seinem Inneren bot.
Wenn wir es bis zum Epizentrum schaffen, dachte er, ohne eine Spur Pessimismus oder gar Fatalismus. Mit der rechten Hand tastete er nach den drei Bionen an seinem Hals, ein Geschenk der Tal-Telassi für diesen Einsatz. Sie schmiegten sich flach an die Wölbung, wo sich Hals und Schulter trafen, waren inzwischen so hart wie Horn.



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