Hilfe Warenkorb Konto Anmelden
 
 
   Schnellsuche   
     zur Expertensuche                      
Interpretation. Max Frisch: Andorra - Reclam Interpretation
  Großes Bild
 
Interpretation. Max Frisch: Andorra - Reclam Interpretation
von: Klaus Müller-Salget
Reclam Verlag, 2009
ISBN: 9783159500126
19 Seiten, Download: 166 KB
 
Format:  PDF
geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: B (paralleler Zugriff)

 

 
eBook anfordern
Leseprobe

Zum einen handelt es sich also von Anfang an um eine Beispielgeschichte, um ein Exempel dafür, wie das Urteil, das ›Bildnis‹ der anderen einen Menschen verformen und sein Leben verderben können. Zum anderen aber steht ›Andorra‹ im Tagebuch 1946–1949 noch ziemlich unverhohlen als Chiffre für die Schweiz, und zwar in satirischer Absicht: Der Kleinstaat in den Alpen wird mit dem Zwergstaat in den Pyrenäen gleichgesetzt, um Provinzialität, Spießigkeit, auch Ängstlichkeit auf den Begriff zu bringen. Ferner stellt der Kontext im Tagebuch (Berichte und Reflexionen über das zerbombte Deutschland und über den richtigen Umgang mit den Überlebenden) auch die Geschichte vom andorranischen Juden in einen konkreten zeitgeschichtlichen Rahmen. Direkt ausgesprochen finden wir Frischs Faschismus- Verdacht gegenüber seinen Landsleuten an späterer Stelle des Tagebuchs: »ich bin restlos überzeugt, daß auch wir, wäre uns der Faschismus nicht verunmöglicht worden durch den glücklichen Umstand, daß er von vornherein unsere Souveränität bedrohte, genau so versagt hätten, wenn nicht schlimmer zumindest in der deutschen Schweiz.«

Bereits die erste Ausformung des Stoffs trägt also ein Doppelgesicht, steht zwischen einer Retrospektive auf das ›Dritte Reich‹ und dessen Entsprechung in der Schweiz einerseits und der modellhaften Verallgemeinerung im Sinne der ›Bildnis‹-Thematik auf der anderen Seite. Von daher wird begreiflich, dass kurzsichtige Interpreten sich immer wieder auf den Vergangenheitsbezug beschränkt haben, der zweifellos den Anstoß zu Erzählung und Stück gegeben hat, in der Endfassung aber nur noch den Erfahrungshintergrund bildet. Darum heißt es im Vorspruch: »Das Andorra dieses Stücks hat nichts zu tun mit dem wirklichen Kleinstaat dieses Namens, gemeint ist auch nicht ein andrer wirklicher Kleinstaat; Andorra ist der Name für ein Modell.« (462)

Mit diesem Namen für das Modell (und für das Stück) ist der Autor ebenfalls nicht ganz zufrieden gewesen. Beibehalten hat er ihn wohl aus zwei Gründen: Er verweist auf den Umstand, dass das vorgestellte Gemeinwesen ein Kleinstaat ist, und außerdem erlaubt der Name eine Assoziation mit dem deutschen Wort ›anders‹. Das Selbstgefühl der ›Andorraner‹ besteht hauptsächlich in der Einbildung, anders, will sagen: besser zu sein als die mächtigeren Nachbarn; tatsächlich aber sind sie »nicht anders, du siehst es, nicht viel« (519), was sich vor allem daran zeigt, dass sie den vermeintlich Andersartigen, der den sprechenden Namen Andri bekommt, ausgrenzen und zugrunde richten.



nach oben


  Mehr zum Inhalt
Kapitelübersicht
Kurzinformation
Inhaltsverzeichnis
Leseprobe
Blick ins Buch
Fragen zu eBooks?

  Navigation
Belletristik / Romane
Computer
Geschichte
Kultur
Medizin / Gesundheit
Philosophie / Religion
Politik
Psychologie / Pädagogik
Ratgeber
Recht
Reise / Hobbys
Sexualität / Erotik
Technik / Wissen
Wirtschaft

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek
© 2008-2024 ciando GmbH | Impressum | Kontakt | F.A.Q. | Datenschutz