Das zehnte Jahrsiebt von dreiundsechzig bis siebzig (S. 72-73)
Ordnung und Ausbildung der Weisheit
Die Biografielehre nennt dieses zehnte Jahrsiebt »Ordnung und Ausbildung der Weisheit«. Es steht unter dem Zeichen des Elements Erde. Man lebt nun in einem Abschnitt, in dem man gerne auf sein Leben zurückschaut, aber nicht ohne auch weiter nach vorne zu schauen. Viele Menschen schreiben jetzt ihre Biografie, um den Kindern und Enkeln ein wenig von der Familiengeschichte zu hinterlassen. Dieses zehnte Jahrsiebt hat etwas ganz Besonderes: die Hoffnung, dass es so weitergeht.
Die Fähigkeiten, die man ins Leben mitbekommen hat, und die Stärken, die man sich erarbeitet hat, führen zu einer gewissen Besonnenheit. Nun zeigt sich klar, was wir in diesem Leben erreicht haben, aber es zeichnet sich auch deutlich für uns ab, was wir noch erreichen wollen. An manchen Tagen in diesem Lebensabschnitt wird man vielleicht etwas wie Angst spüren, weil man merkt, dass die körperlichen und geistigen Fähigkeiten anfangen nachzulassen: Man kann sich nicht mehr erinnern, wo man das Buch hingelegt hat, in dem man eben noch gelesen hat; man vergisst jedes Mal, den Einkaufszettel mitzunehmen; morgens zwickt es beim Aufstehen im Rücken, dann wieder tun die Füße weh oder die Knie …
Und an anderen Tagen wird man denken: Unsinn. Ich habe wundervolle Zeiten vor mir. Ich muss nicht mehr hetzen, habe alle Zeit der Welt für was auch immer mir Spaß macht: meine Enkel, das Malen, Gärtnern, Spazierengehen, Ausflüge mit Freunden … In diesem Alter ist es ganz besonders wichtig, sich auf die eigenen Stärken und Talente zu besinnen, sich zu überlegen: Was hat mir früher so viel Spaß gemacht, dass ich die Zeit darüber vergessen habe? Tun Sie es doch wieder - es ist Ihr Leben! Heute bin ich nun auch in diesem Alter. Ich habe für mich ein Ritual gefunden, das ich vollziehe, bevor ich mich jeden Tag für die Arbeit an meinem Buch an den Schreibtisch setze. Ich brauche täglich eine feste Zeit, um mich konzentriert einlassen zu können. Der Vormittag ist für mich dafür passend. Bevor ich jedoch beginne, ist mir Ruhe und Stille ganz wichtig.
Ich muss mein Unterbewusstsein auf mein Bewusstsein einstimmen. Ich mache mir eine Tasse heißen Kakao, manchmal beginne ich damit, erst einmal zu malen oder zu stricken. Dann schreibe ich wieder Sätze, bei denen ich denke: Das kann gar nicht von mir kommen. Sie sprudeln aus meinem Gedächtnis in meine tippenden Hände. Daher mag ich auch keine Störungen, weder beim Malen noch beim Schreiben, und habe aus diesem Grund viele Jahre nachts gearbeitet, da hatte ich meine Ruhe. Heute spüre ich aber, dass ich mindestens acht Stunden Schlaf brauche, also suche ich mir jetzt am Tag die Zeit, in der ich ungestört arbeiten kann.
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