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Gerhard Schröder - Ein Porträt
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Gerhard Schröder - Ein Porträt
von: Jürgen Hogrefe
Siedler, 2002
ISBN: 9783894807610
213 Seiten, Download: 322 KB
 
Format: EPUB, PDF
geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen PC, MAC, Laptop

Typ: A (einfacher Zugriff)

 

 
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Leseprobe

Wo ist die Macht zu Hause? An Tagen wie diesen scheint sie heimatlos. Beinahe grotesk wirkt die Stille hier im achten Stock des Kanzleramtes. Im Auge des Taifuns, so heißt es, sei es immer still. Aber so still? Kein Mucks zu hören, kein Telefonklingeln, niemand hastet über die Flure. Das Einzige, was sich bewegt, sind die Wolken am Himmel von Berlin, die hier in der Sky Lobby des Kanzleramtes für wechselnde Schübe von Schatten und Licht sorgen.
Großartig das Panorama, hier im Arkanum der Macht: Als kleine Schemen bewegen sich drüben die Besucher in der gläsernen Kuppel des Reichstages. Zur anderen Seite der Blick von oben über den Kanzlergarten und die Spree hinüber nach Moabit. Grandios, gewiss. Doch hier, in der geografischen Mitte der Macht, herrschen Stille, Leere, Licht. Das geräuschlose Nichts.
Wo bleibt die ganze Aufregung, die heute die Morgenzeitungen wieder einmal herausgebrüllt haben? 'Kanzler in Not' - wie bitte? 'Rot-Grün am Ende' - wo bitte? Als lägen tausend Tonnen unsichtbarer Watte zwischen der Welt da draußen und dem Zentrum der Macht. Die Wirbel drehen sich umso schneller, je näher man der Mitte kommt? Hier nicht. Hier regiert - ja was eigentlich: Besonnenheit? Erfahrung? Oder Depression? Ist die Stille dumpf? Ist sie abgeklärt? Ist sie ahnungslos?
In die Mitte des neuen Kanzleramtes hat der Architekt Axel Schultes den hoch aufragenden Leitungstrakt gestellt. Ein Kubus, acht Stockwerke und 36 Meter hoch. In seinen obersten Stockwerken öffnet sich die Sky Lobby wie ein Blumenkelch nach oben. Leben findet hier nicht automatisch statt - es muss eigens inszeniert werden. Das Berliner Gorki-Theater liest ein Stück von Moritz Rinke, Günter Grass liest aus eigenen Werken, und am 31. Dezember bringt der Kanzler von hier seine Neujahrsansprache unters Volk. Ansonsten ist die hoch aufragende Hülle aus Beton und Glas leer. Gerhard Schröder mag den kuriosen Kasten nicht, den sich Helmut Kohl als seine Kommandozentrale für die Berliner Republik gewünscht hat. Zu kolossal, zu viel umbautes Nichts, zu mächtig steht der weiße Klotz im Spreebogen, der den Spottnamen 'Bundeswaschmaschine' zu ertragen hat.
Vor allem mag Schröder die Leblosigkeit in diesem Bau nicht. Er regiert gern bei offener Tür. Ruft seiner Sekretärin zu, mit wem er telefonieren will. Welche Unterlage er als nächste braucht. Dass er noch eine Tasse Kaffee möchte. Seine engen Mitarbeiter sollen sich nicht extra anmelden müssen, wenn sie mit ihm reden wollen. So war es in der Staatskanzlei in der hannoverschen Planckstraße. Und auch im provisorischen Kanzleramt am Berliner Schlossplatz, von wo aus zuvor Erich Honecker seine DDR im Griff zu halten versuchte, waren die Wege kurz und das Leben nicht weit. Draußen auf dem Schlossplatz wuchs die Baustelle Berlin, drinnen sortierte sich das System Schröder, auf kürzestmöglichen Wegen.
Hier im neuen Kanzleramt muss Schröders Büroleiterin Sigrid Krampitz ein Stockwerk höher steigen, über 24 Stufen der weitläufigen Sky Lobby und dabei rund 100 Meter zurücklegen. Will Schröder zu seinem Freund und Staatssekretär Frank-Walter Steinmeier, muss er eine ähnliche Strecke gehen. Das tut er gelegentlich. Plötzlich steht er in der Tür des Sekretariats: 'Ist er da?', fragt er Steinmeiers Sekretärinnen und stiefelt dann, meist den Rauchschwaden einer Zigarre hinter sich herziehend, in Steinmeiers Büro. Er muss Leute um sich haben. Macht ist ein einsames Geschäft.
Heute Morgen sitzt Gerhard Schröder an seinem venetiablauen Schreibtisch, einer Sonderanfertigung eines Schreiners aus Berlin-Kreuzberg, und regiert still. Es ist zehn Uhr dreißig. Die Zeitungen sind gelesen und haben eine erste Kaskade von Telefonaten ausgelöst. Die Journalisten haben mal wieder 'nichts kapiert', nun müssen der heimliche Parteichef Franz Müntefering, Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye und Fraktionschef Peter Struck 'den Quatsch' wieder zurechtrücken, bis die Lage so erscheint, wie sie dem Kanzler gefällt. Der liest nun Vermerke, drei dicke Mappen, Post. Routine heute Morgen im März, Regierungsalltag. Mittagessen mit einigen baden-württembergischen Unternehmern, nachmittags kommt Otto Schily. Noch sechs Monate bis zur Wahl.
Gerhard Schröder ist angekommen. Hier, genau hier im Zentrum der Macht, hatte er sein Lebensziel verortet. Von Jugend an. Hier wollte er immer sitzen. An dem Schreibtisch mit den größten politischen Hebeln der Bundesrepublik Deutschland. Die Zeit schien ihm für einen Moment am selben Fleck zu verharren am frühen Abend des 27. September 1998, als unweigerlich feststand, dass er der neue Kanzler der Bundesrepublik Deutschland sein würde. Schröder weiß nicht mehr, wie lange die Schrecksekunde gedauert hat. Erinnern kann er sich allerdings noch daran, dass er viel zu perplex war, um sich spontan zu freuen. Es mischte sich in der Sekunde des Sieges stumme Ungläubigkeit mit der Ahnung von der Wucht der Verantwortung, die nun auf ihn warten würde. Sein Lächeln am Abend des Sieges war kein Siegerlachen. Dafür war es zu befangen.
Nach einigem Streit mit dem Architekten hat er sich das Kanzlerbüro nach eigenen Vorstellungen eingerichtet. Die ehemals türkisgrün gelackten Wände sind nun weiß, damit sie genug Raum geben für die Kunst, mit der Schröder sich gern umgibt. Eine verkleinerte Replika der Brandt-Skulptur von Rainer Fetting aus der Parteizentrale. Eine Grafik von Jürgen Böttcher, genannt 'Strawalde', dessen Werke auch in seinen Büros im Reichstag und in der Parteizentrale hängen. Eine künstlerische Widmung von Rebecca Horn. An der Wand neben dem Arbeitstisch hängen farbige Skizzen von Markus Lüpertz - Entwürfe für die vier bunten Wände, mit denen Schröder nachträglich Leben in das grotesk pompöse Foyer des neuen Kanzleramtes brachte. Lüpertz wies den Farben, mit denen er die bauchigen Betonwände kunstvoll überzog, staatsmännische Tugenden zu: Rot für 'Fortitudo/Stärke' - so steht es auf der Skizze. Blau für 'Prudentia/Klugheit', Grün für 'Temperantia/Mäßigkeit'. Mäßigkeit? hat sich der Künstler da vertan? Er wird 'Mäßigung' gemeint haben. Oder wähnt er bei Kanzler Schröder tatsächlich die 'Mäßigkeit' zu Haus?
Das Kanzleramt hatte die deutschen Verlage um Bücher für die Regale in der neuen Machtzentrale gebeten. Nun steht in Schröders Regal ein kompletter Brockhaus, ein paar Bände von Grass und Böll und Brecht. Nichts, was er nicht gelesen haben könnte. Die Bücher weisen keine Lesespuren auf. 'Der lange Weg nach Westen', die zweibändige Darstellung deutscher Geschichte von Heinrich August Winkler, jedoch hat ein paar Eselsohren. Die dicken Kunst-Bildbände im obersten Regal sieht er sich öfter an. Meist haben ihm die Künstler persönliche Widmungen hineingeschrieben. Baselitz, Lüpertz, Immendorff, Uwe Bremer. 'Die nehm' ich später mit', sagt Schröder, 'die bedeuten mir was.'
Natürlich Zigarren, drei Humidore. Und einige Male Doris. Im Rahmen auf der Erde zu Füßen des Regals und auch auf dem Schreibtisch Fotos seiner Frau, seiner vierten Ehefrau. In die linke untere Ecke des Rahmens vom Doris-Bild auf dem Schreibtisch hat er das mittlerweile berühmte Foto seines Vaters gesteckt. Schwarz-weiß, ein Mann mit Hakenkreuz am Stahlhelm. Es war das erste Bild, das Schröder von seinem Vater sah. Eine sehr späte Bekanntschaft.
Da war er bereits 57, schon deutscher Bundeskanzler. Längst hatte er, der Halbwaise, sich damit abgefunden, dass er niemals erfahren würde, wem er sein Leben zu verdanken hat. Bis dahin hatten ihn seine Mutmaßungen über die genetische Mitgift des Vaters stets in unbegriffene Leere geführt. Wie vom Schlag getroffen sei er gewesen, berichten Freunde, als er sah, dass er seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist. 1978, als Schröder Juso-Vorsitzender wurde, da sah er seinem Vater, der wahrscheinlich im Oktober 1944 in Rumänien fiel, auf dem Foto zum Verwechseln ähnlich. Nur trug der Juso-Sohn 1978 statt eines Stahlhelms die damals üblichen längeren Haare. Die reichten über die Ohren und im Nacken ebenso weit wie der Stahlhelm des Vaters.
Das kleine schwarz-weiße Foto mit dem weißen Zackenrand ist das Einzige, was im wohnlichen Büro des mächtigsten Politikers des Landes an die Behelfsbaracke am Rande des Fußballplatzes von Wülfer-Bexten erinnert, in der Gerhard Schröder aufwuchs. Die gediegenen Möbel, der Blick aus der schusssicheren Fensterfront über das Berliner Regierungsviertel, das abhörsichere Telefon mit dem kurzen Draht zu den mächtigsten Männern der Welt auf dem Schreibtisch - um Lichtjahre entfernt von der nagenden Hilflosigkeit seiner Kindheit. Damals stibitzte er gemeinsam mit der Großmutter gelegentlich einen Braten, damit die Familie mal wieder Fleisch auf dem Teller hatte. Heute steht beim Abendessen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Hotel Adlon ein feiner Bordeaux auf dem Tisch, die Flasche für mehrere hundert Mark. Damals nahmen ihn, dessen Familie in Armut lebte, die Söhne der Bauern aus dem Dorf nicht für voll. Heute legt er sich mit dem Präsidenten der französischen Republik an und schickt deutsche Soldaten nach Afghanistan. Ein deutsches Nachkriegsmärchen.
Seltsam ist nur, dass dieser sagenhafte Aufstieg aus dem lippischen Armenhaus an die lichteste politische Höhe der drittmächtigsten Nation der Welt nicht allerseits als Triumph einer offenen Gesellschaft gefeiert wird. Früher schienen solche Karrieren nur in Amerika möglich. Doch hat irgendjemand das Loblied auf die klassenlose Bundesrepublik gehört, die einem Schmuddelkind wie Schröder den Aufstieg zum mächtigsten Mann des Landes ermöglichte? Es ist nicht gesungen worden. Warum nicht?
Vom politischen Gegner muss man das nicht erwarten. Für 'die anderen', wie Schröder seine Politikerkollegen von den bürgerlichen Parteien nennt, bedeutet jeder seiner Siege automatisch die eigene Niederlage. Scheinbar auch die ganz frühen Siege in seinem Leben. Vielen 'Wertkonservativen' scheint eher unerfreulich, dass die Nation von einem Mann geführt wird, der seinen Schliff auf der Straße und nicht am humanistischen Gymnasium bekam. Da verhindern Neid und Dünkel den nüchternen Blick auf diese Erfolgsgeschichte.
Aber woran liegt es, dass selbst politisch Nahestehenden nicht immer wohl war bei dem Gedanken, dass Gerhard Schröder das Land regieren sollte? Bis er Kanzler wurde, haben große Teile des Establishments seiner eigenen Partei versucht, seinen Aufstieg an die Spitze zu verhindern. Schröder hat seine eigene Vermutung: 'Ich bin nicht auszurechnen, ich war es noch nie. Das fördert die Skepsis.'
Es spielen in diese Skepsis wohl auch Merkmale seiner Persönlichkeit hinein, die Schröder - auch in der Rückschau - für unverzichtbar hält, die ihm andere jedoch eher krumm nehmen.
Niemand hat derart hemmungslos die Macht gefordert wie er. Über Jahrzehnte immer wieder. Das schürte nicht nur Skepsis, sondern auch Unbehagen. Darf ein Politiker so unverhohlen ehrgeizig sein? Wo liegen die Quellen dieses außergewöhnlichen, wenn nicht einmaligen Hungers? Und selbst, wenn man es wüsste - ziemt er sich? Zieht er nicht Fährnisse in seinem Schlepptau, die in ihrer Wirkung kaum zu berechnen sind?
Ungefragt hatte Schröder 1983 in Niedersachsen seinen Hut in den Ring geworfen, als die SPD einen neuen Vormann suchte. Niemand hatte ihn zuvor im Ernst für seriös und erfolgversprechend genug gehalten, um Ministerpräsident in Hannover zu werden. Schröder schnappte nach der Macht und hielt sie 1990 schließlich in seinen Händen. 'Ich fühle mich hier unterbewertet', sagte er nur wenig später. 1993 schockte er Freund und Feind, weil er unvergleichlich dreist verlangte, der kommende Kanzlerkandidat der SPD zu werden. Er unterlag gegen Rudolf Scharping, und nicht wenige werden sich darüber gefreut haben. Machthunger gilt als bedenklich in einem Land, in dem nach gehabten Erfahrungen Macht und Missbrauch meist in einem Atemzug genannt werden.
Dass Schröder 'machtgeil', gar 'machtbesessen' sei, wurde vielfach geschrieben und gilt als ausgemacht. Dass er für die Macht im Zweifel gute Freunde und alle Vorsätze vergisst - gehört zu den Behauptungen, für die kein Politiker oder Journalist mehr glaubt, den Nachweis führen zu müssen. 'Wenn es ihm um Macht geht, werden die politischen Grundüberzeugungen über Bord geworfen. Schröder ist der Bundeskanzler der politischen Beliebigkeit', giftet sein Herausforderer Edmund Stoiber.
Als gültiger Beleg für den hemmungslosen Machtwillen Schröders gilt jene Episode vom Anfang der achtziger Jahre, als er nach einem feuchtfröhlichen Abend in der links-alternativen Bonner Kneipe 'Provinz' am Gitter des Kanzleramtes rüttelte und brüllte 'Ich will hier rein!' In Wahrheit ist sein Hunger auf die Macht im Staat viel älter.
Am Westfalen-Kolleg in Bielefeld, wo er 1966 mit 22 sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachholte, war Schröder bereits berühmt für seine große Klappe. Er war seit drei Jahren Mitglied der SPD, las den 'Spiegel' von der ersten bis zur letzten Seite und tönte: 'Ich gehe nach Bonn und werde Kanzler.' 'Das hat man so geglaubt, wie wenn einer sagt, er wird Millionär', erinnert sich sein Schulfreund Ingo Graumann, der sich mit Schröder in Bielefeld in einer 'Junggesellen-Überlebensgemeinschaft' zusammengefunden hatte. Er werde es 'den Hohlköpfen in Bonn schon zeigen. Die machen da Politik und haben überhaupt keine Ahnung vom Leben', habe Schröder gesagt. Vom Leben glaubte Schröder schon damals viel mehr zu verstehen als alle anderen. Das Leben, das er meinte, war der Überlebenskampf der Menschen am unteren Rand. Da kannte er sich aus.
Richtig ernst genommen hat Graumann seinen Freund wohl nicht. 'Wir waren beide stinkfaul, ohne Geld, hatten viel Flausen im Kopf und ein großes Maul.' Nur der Lateinlehrer Winkelmann, der gleichzeitig der Vertrauenslehrer der Klasse war, muss wohl etwas geahnt haben. 'Wenn du Kanzlerkandidat werden solltest, Gerd, dann wähle ich zum ersten Mal in meinem Leben SPD', sagte der Mann. Schröder verschusselte zwischendurch irgendwann sein Parteibuch und hat es über Jahre nicht einmal gemerkt.
Schröder hat sich nie dagegen gestemmt, wenn über Beschreibungen seines Lebensweges als Schlagzeile prangte 'Ein Mann will nach oben'. 'Was soll schlecht daran sein?', fragt Schröder. Sein Aufstiegswille, sein robuster Umgang mit Gegnern, seine Kraft zur Selbstbehauptung - all das speist sich aus den Demütigungen seiner Kindheit. 'Es war eine Schule der Lebenstüchtigkeit', sagte Schröder 1991 freimütig in die Kamera von Herlinde Koelbl, die die 'Spuren der Macht' aufstrebender Politiker nachzeichnete. Da war er bereits Ministerpräsident von Niedersachsen. 'Ich musste mich von Anfang an darum kümmern, dass ich nicht zu kurz kam. Das beginnt schon in der Kindheit mit dem Kampf um einen guten Brocken auf dem Teller.'
In seinen frühen Jahren in der Politik, in denen er über seine Durchschlagskraft noch ebenso staunte wie seine verblüfften Beobachter, sondierte er unbefangen und öffentlich nach Herkunft und Wesen seines Antriebes, sich selbst seiner Motive vergewissernd. Er fand sie in den Leerstellen seiner Kindheit: 'Ich glaube, dieser Antrieb, etwas vom Leben abkriegen zu wollen, weil man ein Defizit spürt, geht einem auch in der Politik nicht völlig verloren. Man achtet sehr darauf, dass andere einen nicht übergehen. Das kann man in den Griff kriegen, indem man sich bestimmte Kulturtechniken aneignet. Ich weiß genau, dass das kein schöner Zug von mir ist, aber ganz bekomme ich es nicht los. Übrigens auch nicht in zwischenmenschlichen Beziehungen.' Die selbstkritische Analyse stammt ebenfalls aus dem Jahr 1991, als Schröder einen ersten Gipfel der Macht erstiegen hatte und längst noch nicht satt war.
Schröder hält sich viel darauf zugute, ehrlich auch mit seinen Schwächen umzugehen. Nie habe er bestritten, dass es ihm in der Politik neben den Inhalten immer auch um sich selbst ging. Eitelkeit? Na klar: 'Wer das bestreitet, versucht den Menschen etwas vorzumachen. Natürlich macht es Spaß, wenn einen die Leute in der Kneipe kennen.' Suche nach Zuneigung und Bestätigung? 'Ja sicher. Ich möchte auch anerkannt werden.' Und er verkennt nicht, dass es vor allem zwei wesenseigene Impulse sind, die ihm die Vitalität verleihen, die ihn schließlich ins Kanzleramt gebracht hat: Der unbändige Wille, 'es allen zu zeigen', und der Vorsatz, 'niemals verlieren' zu wollen. Diese offenen Bekenntnisse liegen fast ein Jahrzehnt zurück.
Der so ganz und gar anders gewirkte feinsinnige Alt-Genosse Erhard Eppler hat ihn deswegen mit Bewunderung als 'political animal' charakterisiert. Dieser Begriff meint auch den lauernden Instinkt dessen, der ständig auf der Suche nach dem richtigen Zeitpunkt ist, um Beute zu machen, und die ständig lauernde Bereitschaft, sie vor den begierigen Konkurrenten abzusichern. 'Instinkt', sagt Schröder selbst, 'ist mindestens so wichtig wie der Verstand. Das kann man aber nicht lernen, das ist ja was Animalisches.'



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